Haltet Frieden mit jedermann…
Haltet Frieden mit jedermann...
Das war das Motto unserer Gemeindefreizeit. Was ist damit gemeint?
Friede, Peace, Paix, Shalom, Salam. In allen Sprachen gibt es Worte für Frieden. Aber was ist damit gemeint? Das hebräische Wort Shalom ist zuerst ein alltäglicher Gruß. Shalom, das heißt „Gottes Friede sei mit dir.“ Das gleiche wie im Arabischen das Salam aleikum.
Schalom bedeutet in der Bibel aber nicht nur Friede im Sinne von „das Gegenteil von Krieg“. Shalom bedeutet auch Unversehrtheit und Heil. Shalom ist der Begriff, der für einen umfangreichen Frieden in allen Lebensbereichen steht. Er steht für Gesundheit, persönliches Wohlbefinden und gesellschaftliches Wohlergehen, zwischenmenschlichen und zwischenstaatlichen Frieden, Ruhe und Glück. Shalom ist, wenn alles in Ordnung ist. Ein Zustand, der keine Wünsche offen lässt.
Als Gott die Welt geschaffen hat, war alles in Ordnung. „Siehe, alles ist sehr gut.“ Sagt Gott, als die Welt fertig ist und gönnt sich – und uns - einen Ruhetag. Dieser umfassende „Shalom“, diese paradiesischen Zustände sind dann aber schnell Geschichte gewesen. Egoismus und Gewalt haben den Shalom zerstört und wir leben jenseits von Eden, getrennt vom Frieden, getrennt von der unmittelbaren Nähe zu Gott. Und gerade sehen wir im Israel-Palästina-Konflikt und anderen Konflikten sehr schmerzlich, wie weit wir von heiler Welt und Frieden weg sind. Wahrscheinlich tragen wir alle die Sehnsucht nach diesem umfangreichen, alles umfassenden Frieden, nach dem Idealzustand in uns. Doch bis heute müssen wir uns mit Annäherungen an den Shalom Gottes zufrieden geben. Bis heute ist der Shalom nur teilweise da und oft ist er brüchig.
Das betrifft unseren den inneren Frieden. Wie oft sind wir einfach nur rundum glücklich und zufrieden?
Das betrifft auch den sogenannten „geistlichen Frieden“. Die Bibel redet vom Frieden mit Gott, von einem bereinigten, von aller Schuld und Schwierigkeit befreiten Verhältnis zu Gott. Wie oft ringen wir um unsere Beziehung zum Gott des Friedens?
Und das betrifft den zwischenmenschlichen Bereich. Nicht umsonst schreibt Paulus an die Gemeinde in Rom: Haltet Friede mit Jedermann. (Römer 12,18) Vom gesellschaftlichen Frieden ist heute immer wieder die Rede. Und man meint damit: Zusammengehörigkeit und Gerechtigkeit. Auch dieser Friede ist ständig gefährdet. Es gibt zu viele Trigger-Punkte, die uns leicht in Konflikt und Konfrontation bringen.
Und das betrifft die große politische Situation: Den Ukraine-Krieg und den Gaza-Krieg und all die anderen Kriege und Bürgerkriege, die gar nicht mehr in unseren Nachrichten auftauchen.
Frieden gibt es also auf unterschiedlichen „Flughöhen“. Persönlich, geistlich, gesellschaftlich, politisch. Und das Eine hängt mit dem Anderen zusammen.
In St. Peter gibt es ein kirchliches Einkehrzentrum. Dort arbeitet Dorothea Welle, eine Pastoralreferentin. Sie ist zuständig für Exerzitien, also persönliche Einkehrtage, Zeiten der Begegnung mit sich selbst und mit Gott. Dafür hat sie eine halbe Stelle. Eine weitere halbe Stelle hat sie für Pax Christi, für die Friedensarbeit der katholischen Erzdiözese. Also eine Hälfte, die viel mit geistlichem Leben und Seelsorge zu tun hat und eine Hälfte, die stark politisch orientiert ist. Bei uns in der Evangelischen Kirche wäre das Eine etwas für die Frömmeren und das Andere etwas für die liberaler und politisch engagierten Christen. Eine soziologische Untersuchung zur Religiosität kirchlich verbundener Jugendlicher hat einmal festgestellt, dass es „biblisch-missionarische“ und „diakonisch-politische“ junge Christen gäbe und dass die Einen mit den Anderen kaum etwas zu tun haben und zu tun haben wollen. Deshalb hab ich mich über diesen Stellenzuschnitt von Dorothea Welle gewundert und habe sie gefragt, warum die Stelle so ungeschickt gestückelt ist. Sie konnte es gar nicht verstehen und sagte nur: Nur wer mit sich und Gott im Frieden ist, kann auch für Frieden in der Welt einstehen. In der Zurückgezogenheit und Zwiesprache mit Gott sein Leben zu reflektieren und an sich zu arbeiten, hat also auch eine politische Dimension.
Das hat mich nachdenklich gemacht. Wo bin ich nicht mit mir im Frieden, nicht mit Gott in Frieden? Und wo bringe ich deshalb Friedlosigkeit in die Welt?
Ich lade dich ein, einige Momente darüber nachzudenken und zu beten, Gott darum zu bitten, dass er dir Frieden ins Herz gibt und uns zu Menschen des Friedens in dieser Welt macht.
O Herr,
mach mich zum Werkzeug deines Friedens,
dass ich Liebe übe, wo man sich hasst,
dass ich verzeihe, wo man sich beleidigt,
dass ich verbinde, da, wo Streit ist,
dass ich die Wahrheit sage, wo der Irrtum herrscht,
dass ich den Glauben bringe, wo der Zweifel drückt,
dass ich die Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält,
dass ich ein Licht anzünde, wo die Finsternis regiert,
dass ich Freude mache, wo der Kummer wohnt.
Amen.
(Friedensgebet, Franz von Assisi zugeschrieben)
Norbert Aufrecht
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